
Knolly Fugitive im Test: Knolly brachte letztes Jahr zwei neue, auf demselben Rahmen aufbauende Räder auf den Markt. Das erste 29″-Rad der kanadischen Marke ist als kurzhubige Version mit 120 mm am Heck oder mit dem Zusatz „LT“ mit 135 mm am Heck verfügbar. Von Trail/Adventure bis All Mountain/Enduro soll das Rad mit Federgabeln von 130 bis 160 mm eine ganze Bandbreite an Fahrern und Fahrerinnen glücklich machen. Wir konnten das „kleinere“ Fugitive ausführlich testen.
Steckbrief: Knolly Fugitive
Einsatzbereich | Trail, All-Mountain |
---|---|
Federweg | 130-140 mm/120 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Aluminium |
Rahmengrößen | S, M, L, XL |
Website | www.knollybikes.com |
Wie bereits beschrieben, bildet das Knolly Fugitive auf einer Rahmenbasis den Grundstein für zwei Modelle: Das Fugitive und das Fugitive LT. Ein anderer Dämpfer-Hub bei gleicher Einbaulänge konvertiert das eine Rad zum jeweils anderen. Je nach Dämpfer hat man die Wahl zwischen 135 und 120 mm am Heck. Knolly sieht eine 140 mm-Federgabel als gutes Match für den 120 mm-Hinterbau, für 135 mm soll die 150 mm-Federgabel ideal sein. Damit deckt das Rad laut Hersteller ein Einsatzspektrum von Trail bis Enduro ab – rein nach Eckdaten würden notorische Kategorisierer das Rad aber wohl eher in die Trail-Ecke stellen.
Knolly setzt an beiden Fugitives auf 29″-Laufräder, der Rahmen ist nur als Alu-Variante verfügbar. Die zeitgemäße Geometrie lässt sich mit einem Flip-Chip an der unteren Dämpfer-Aufnahme verstellen. Zum Einsatz kommt – klassisch für die Kanadier – der Fourby4-Hinterbau. Dabei handelt es sich um eine von Knolly patentierte Hinterbau-Konstruktion, die dem Hersteller zufolge beim Bremsen und Pedalieren perfekte Performance liefern und dabei immer ausreichend Grip und Kontrolle bereitstellen soll. Am Fugitive verwendet Knolly die alte 157er-Einbaubreite unter dem Namen 157Trail. Dahinter versteckt sich eine ähnliche Konfiguration wie hinter Pivots Superboost Plus.
„Built to be an epic trail smasher it has the highest level of pedaling efficiency we have engineered into our bikes and yet it still maintains that famous Knolly traction.“ – Knolly Bikes

Geometrie
Knolly bietet sein Fugitive in vier Rahmengrößen von S bis XL an. Werfen wir zunächst den Blick nach vorne: Angenehm lang sehen die Reach-Werte des Bikes aus. Mit 421 mm in S bis 500 mm in XL deckt der Hersteller ein großes Spektrum ab, das mit Ausnahme des XL-Rahmens auch auf vergleichsweise kurze Sitzrohre baut. Aber Vorsicht: Durch die Bank fallen die Steuerrohre und die Stack-Werte recht kurz aus – Fans von einer hohen Front werden etwas an Reach einbüßen, um den Lenker auf die passende Höhe zu setzen. Knapp über dem Tretlager, an der unteren Dämpfer-Aufhängung, kann das Tretlager von 336 mm in der normalen, auf 326 mm in der flachen Einstellung abgesenkt werden. Der Lenkwinkel wird dabei von 66,5° auf 65,75° abgeflacht, die Auswirkung auf den Sitzwinkel beträgt ebenso 0,75°.
Werfen wir einen genaueren Blick auf den Sitzwinkel. Real fällt dieser sehr flach aus – Knolly gibt in seiner Geometrie-Tabelle nur den effektiven Wert an. Dieser wird bei 820 mm Abstand zwischen Tretlager und Sattelmitte gemessen. Am getesteten XL-Rahmen fahren nur die extremen Langbeiner des Testteams den Sattel etwas höher. Alle anderen nutzen somit einen letztendlich steileren Sitzwinkel. Zu guter Letzt – ein Blick auf den Hinterbau. Mit seinen 430,5 mm Länge ist dieser auf der eher kurzen Seite – die Kettenstrebe wächst nicht mit, sondern bleibt für alle Größen konstant.
Rahmengröße | S | M | L | XL |
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Sitzrohrlänge | 355 mm | 400 mm | 456 mm | 500 mm |
Oberrohrlänge | 577 mm | 606 mm | 634 mm | 658 mm |
Steuerrohrlänge | 98 mm | 98 mm | 103 mm | 110 mm |
Lenkwinkel | 66,5°/65,75° | 66,5°/65,75° | 66,5°/65,75° | 66,5°/65,75° |
Sitzwinkel | 76°/75,75° | 76°/75,75° | 76°/75,75° | 76°/75,75° |
Kettenstrebenlänge | 430,5 mm | 430,5 mm | 430,5 mm | 430,5 mm |
Tretlagerhöhe | 336/326 mm | 336/326 mm | 336/326 mm | 336/326 mm |
Radstand | 1156 mm | 1184 mm | 1214 mm | 1239 mm |
Reach | 421 mm | 450 mm | 477 mm | 500 mm |
Stack | 612 mm | 612 mm | 616,5 mm | 623 mm |

Ausstattung
Neben dem Rahmenset, das mit einem Preis von 2.448 € zu Buche schlägt, verkauft Knolly in den USA und Kanada zwei Komplettbikes. Hierzulande werden keine Komplettbike-Varianten angeboten. Aufbauend auf dem Fugitive-Rahmen können aber beim Vertrieb tri-cycles auf Anfrage ganze Räder zusammengestellt werden.
Wir machen uns also an den Custom-Aufbau. Einzige Vorgabe ist die Verwendung einer Fox 34-Federgabel mit 140 mm Federweg. Außerdem hat uns Knolly mit einigen Teilen ausgestattet – allen voran der Laufradsatz von Industry Nine: Mit feiner Rasterung und komplett in Schwarz gehalten dient er als eines der Testmuster für Reifen-Tests. Wir montieren vorne den WTB Vigilante 2,5″ und hinten den Trail Boss 2,4″. Während vorne die leichte Karkasse mit weicher Mischung verwendet wird, setzen wir hinten auf die dicke Karkasse mit schnell rollender Mischung.
Damit die Bandbreite passt, wird ein SRAM 12-fach-Antrieb verbaut, am Heck schaltet die GX Eagle, vorne wird über die X01-Carbon-Kurbel die Kraft eingeleitet. Für verlässliche Verzögerung darf am Testaufbau die Formula Cura 4 sorgen. Neben der Federgabel kommt auch an der Sattelstütze ein Fox-Produkt zum Einsatz. Die 175 mm-Transfer durchläuft aktuell noch unseren Dauertest auf Zuverlässigkeit. Die 120 mm Federweg am Heck kontrolliert hingegen ein inzwischen weniger oft gesehener Dämpfer: der Cane Creek Double Barrel Air mit Climb Switch.
- Federgabel Fox 34 Factory (140 mm)
- Dämpfer CaneCreek Double Barrel Air CS (120 mm)
- Antrieb SRAM GX Eagle
- Bremsen Formula Cura 4
- Laufräder Industry Nine Enduro S 101
- Reifen WTB Vigilante 2,5″ Light/High Grip, WTB Trail Boss 2,4″ Tough/Fast Rolling
- Cockpit Renthal Fatbar (780 mm) / RaceFace Turbine R (32 mm)
- Sattelstütze Fox Transfer (170 mm)


Im Detail
Was tun, wenn die Rahmenform und die Anlenkung optisch bereits polarisieren? Neutral anstreichen? Ecken und Kanten kaschieren? Oder doch lieber mit ordentlich Trara auf den Putz hauen und sich im Rennsport inspirieren? Laut sein? Laut sein! Ein hellblau-oranger Lack mit weißen Details ziert den kantigen Alu-Rahmen des Knolly Fugitive, nur gebrochen durch die aufwändige, schwarze Anlenkung. Kommt euch bekannt vor? Wer sich für Rennsport interessiert, dem wird Gulf-Racing ein Begriff sein.
Für die gute Funktion soll der patentierte Fourby4-Hinterbau sorgen. Wie eingangs erwähnt, soll es Knolly damit gelungen sein, beim Bremsen und Pedalieren sowie hinsichtlich Grip und Kontrolle jeweils das Optimum auszuschöpfen. Technischer Hintergrund ist eine Entkopplung der Hinterbau-Kennlinie vom Hinterbau-Dreieck. Während der Viergelenk-Hinterbau vor allem hinsichtlich Antriebs- und Bremskräften optimiert ist, kann die Kennlinie unabhängig davon verfeinert werden. Verbunden werden Hinterbau und die Wippe, die den Dämpfer anlenkt, schließlich durch eine kurze Strebe. Das Konzept ist in der Theorie schlüssig, kommt aber nicht ohne Nachteile: Ganze sechs Drehpunkte wollen gelagert werden. Neben drei verschiedenen Kugellager-Größen werden auch Kunststoff-Gleitlager verwendet.

Am restlichen Bike befinden sich weitere durchdachte Eigenheiten: Ein durchgängiges Sitzrohr bietet Platz für lange Variostützen, beim Tretlager setzt man auf den BSA-Standard, hier gibt es außerdem genügend Platz für einen Umwerfer und eine abnehmbare Kettenführungs-Aufnahme. Durchs Rahmeninnere werden alle Züge verlegt, um eine recht aufgeräumte Optik zu erreichen. Di2-Fahrer finden unter dem Unterrohrschutz versteckt ein Di2-Batteriefach. Am Steuerrohr treten auf beiden Seiten die Züge aus dem Rahmen aus – klapperfrei und wasserdicht geklemmt mit jeweils passenden Gummieinsätzen. Das Steuerrohr selbst bietet Platz für Winkelsteuersätze oder ähnliches.
Im Heck steckt ein Trunnion-Mount-Dämpfer, aus dem sich – je nach Hub – 120 oder 135 mm Federweg pressen lassen. Während an der Front der herkömmliche Boost 110-Standard verwendet wird, findet man am Heck die auf den Namen 157Trail getaufte Einbaubreite. Diese entspricht der Idee von Superboost – aufbauend auf dem bisher verwendeten DH-Einbaumaß werden die Naben-Flansche weiter nach außen geschoben, um stabilere Laufräder zu erhalten. Klassische 157 mm-DH-Naben sind dabei rückwärtskompatibel. Verschoben wird dafür die Kettenlinie: Sie wandert beim klassischen 73 mm BSA-Tretlager einfach etwas nach außen. Positiver Nebeneffekt: Mehr Platz rund ums Tretlager, den Knolly clever nutzt und in ordentliche Reifenfreiheit umwandelt.

Technische Daten
Alle technischen Daten, Details und Standards zum Knolly Fugitive findet ihr in der folgenden Tabelle zum Ausklappen:
Kinematik | Fourby4 – abgestützter Viergelenkhinterbau mit Horst-Link | |
---|---|---|
Verschiedene Lager-Größen | 3 Kugellager-Größen, 1 Kunstoffgleitlager-Größe | im Hinterbau |
Gesamtzahl Lager im Hinterbau | 12 Kugellager + 4 Kunstoffgleitlager | Anzahl |
Lagerbezeichungen | 2 x 3001-2RS (12*28*12 mm), 2 x 6000-2RS (10*26*8 mm), 8 x 6900-2RS (10*22*6 mm), 8 x Igus 1214-07 | Herstellerangabe |
Hinterbau Einbaumaß | 157 mm x 12 mm | Einbaubreite x Achsdurchmesser |
Maximale Reifenfreiheit Hinterbau | 29" x 2,6", 27,5" x 3,3" | |
Dämpfermaß | 185 mm x 50 mm | Gesamtlänge x Hub |
Trunnion-Mount? | Ja | |
Dämpferhardware erstes Auge | Trunnion | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Dämpferhardware zweites Auge | M8 x 25 mm | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Freigabe für Stahlfederdämpfer | Ja | |
Freigabe für Luftdämpfer | Ja | |
Empfohlener Dämpfer-SAG | 30% – 15 mm | In % oder mm |
Steuerrohr-Durchmesser | 44 mm, 56 mm | oberer Durchmesser, unterer Durchmesser |
Maximale Gabelfreigabe | 160 mm | Federweg bzw. bis zu welcher Einbauhöhe |
Tretlager | BSA, 73 mm | welcher Standard, Durchmesser, Breite |
Kettenführungsaufnahme | abnehmbare ISCG05-, E-Type-Aufnahme und S3-Aufnahme | |
Umwerferaufnahme | Ja, E-Type, abnehmbar | |
Schaltauge | 45 € | Typ, Kosten in € |
Optimiert auf welches Kettenblatt | 28–32t | Zahnzahl |
Bremsaufnahme | Post Mount, 6" (160 mm Scheibe ohne Adapter fahrbar) | welcher Standard |
Maximale Bremsscheibengröße | 203 mm | |
Sattelrohrdurchmesser | 31,6 mm | |
Sattelklemmendurchmesser | 35 mm | |
Maximale Stützen-Einstecktiefe | 280 mm | Nur durch Sitzrohrlänge limitiert, durchgängiges Sitzrohr |
Kompatibel mit Stealth-Variostützen? | Ja | |
Messung Sitzwinkel | 820 mm | Tretlager zu Sattelhöhe |
Flaschenhalteraufnahme | Ja | Eine, Oberseite des Unterrohrs |
Andere Extras, Werkzeugfächer | Flip Chip zur Geometrieverstellung, verstecktes Di2-Akku-Fach | |
Gewicht Rahmen | 3,3 kg | N/A |
Gesamtgewicht Bike | 13,5–15 kg | N/A |
Garantie/Service | Limited Lifetime Warranty for manufacturing defects & No-fault crash replacement for non-warranty claims for original owners. |
Auf dem Trail
Nach all den technischen Hintergründen interessiert euch sicher, wie sich das auf dem Trail auswirkt. Am besten lässt sich das am Knolly mit einem typischen Tag auf unbekannten Trails umschreiben:
Nachdem ich vor vier Jahren unverrichteter Dinge verletzungsbedingt vom Bikepark Krvavec, Slovenien, nach Hause fahren musste, sollte mich nun das Knolly Fugitiv bei meiner Wiederkehr begleiten. Von den Vortagen stecken mir einige Autobahn-Kilometer, eine kurze Hometrail-Ausfahrt und ein Tag mit knackigen 6.000 Tiefenmetern und selbst getretenen 700 Höhenmeter in den Knochen. Ein entspannter Lift-Tag wäre mir sehr willkommen gewesen. Doch meinem Wunsch wurde nicht stattgegeben. Die Bikepark-Crew lies verlauten, dass der Lift ausgerechnet heute stehen sollte.

Trübsal blasen ist aber für Anfänger, denn ich habe sowohl meinen supermotivierten Kumpel als auch das Knolly Fugitive im Gepäck. Das Schöne an diesem Rad: Es ist ein hervorragender Kletterer. Anfängliche Sorgen, dass mit viel Sattelauszug der Uphill aufgrund des real flachen Sitzwinkels zur Qual werden könnte, räumt das Fugitive schnell aus dem Weg. Die Sitzposition fällt entspannt aus – auch bei Testern mit großer Schrittlänge. Mit offenem Dämpfer marschiert das Rad effizient bergauf. Den Plattform-Hebel am Dämpfer benötigt man nur, wenn man im Wiegetritt kurze Zwischensprints anreißen will. Auf schwierigem Untergrund ist die Traktion nicht endlos, aber in den meisten Fällen ausreichend. Grundsätzlich ist die Abstimmung am Fugitive weniger am komfortablen Gegondel nach oben interessiert. Immer wieder juckt es einen in den Beinen und man geht aus dem Sattel, um die nächste Rampe zu attackieren. Bergauf? Gerne schnell! In Summe sehr gut gelungen und der Einordnung als effizientes Trail-Bike perfekt entsprechend.
Der Gulf-Racing-Anstrich ergibt plötzlich Sinn – pfeilschnell rattert das bunte, kurzhubige Rad durch den Wald. Den Rennwagen-Charakter hat es auch geerbt.
Nach den ersten 1.200 Höhenmetern planen wir um. Anstatt direkt in den Trail zu biegen, der mir seit vier Jahren nicht aus dem Kopf wollte, nehmen wir noch einen etwas flacheren, tretlastigen Trail mit. Trailbike-Gelände. Und wieder kann das Fugitive begeistern. Seine inzwischen bekannten Uphill-Fähigkeiten verleihen dem Trail die nötige Schärfe, denn anstatt entspannt raufzuradeln, sprinten wir trotz aller Mühen des Vortags nach oben, halten auch im Flachen mächtig Geschwindigkeit und können es über die spaßigen Sprünge im Gefälle und die kleinen Stein- und Wurzelpassagen ordentlich fliegen lassen. Der Gulf-Racing-Anstrich ergibt plötzlich Sinn – pfeilschnell rattert das bunte, kurzhubige Rad durch den Wald. Den Rennwagen-Charakter hat es auch geerbt. Anstatt einer komfortablen Sänfte bekommt man beim Fugitive ein straff-sportliches Fahrwerk mit hervorragendem Gegenhalt und einer guten Portion Endprogression.


Ein gutes Fahrwerk alleine ist aber noch lange kein Rezept für ein gutes Bike. Ohne eine solide Geometrie und eine ausgewogene Balance wird man nicht das volle Potential ausschöpfen können. Knolly liefert auch in diesem Bereich ab. Auf seitliche Belastung ist der kurze Hinterbau sehr vernünftig ausgelegt und nicht super steif. Das macht sich beim Grip bezahlt: Auch offene Kurven meistert das Rad unaufgeregt und ohne wildes Ausreißen der Räder. Dass eine lange Front und ein flacher Lenkwinkel gute Führungsqualitäten haben, beweist das Fugitive einmal mehr. In Kombination mit dem sehr berechenbaren Fahrwerk wird es in Kurven dann erst richtig schnell.
Zurück nach Slovenien. Wir stehen gut gelaunt oben am Berg, haben inzwischen knappe 2.000 Höhenmeter in den Beinen und sind hungrig. Appetit hätten wir auf feinsten Waldboden! Vier Jahre nach unserem ersten Besuch bekommen wir aber etwas anderes serviert. Vom oberen Teil des Trails ist nur ein ausgefahrenes Felsenmeer übrig. Vormachen muss man sich mit dem Fugitive hier nichts. Mit 120 mm wird es dann doch etwas ruppiger und man sollte nicht kompromisslos wie auf einem Enduro in die Abfahrt reinhalten. Solange es nicht zu steil wird und die Schläge nicht zu massiv werden, lässt sich das Knolly nicht ernsthaft aus der Ruhe bringen. Irgendwann muss man aber die Vernunft einschalten und einsehen, dass man mit diesem Rad in schwerem Gelände einfach nicht mehr ganz so zügellos fahren kann.
Ab der Hälfte des Trails steht noch einmal die Paradedisziplin des Fugitive auf dem Programm: Weniger steiler Singletrail, übersät mit kleinen Wurzeln und Steinen, Kanten, Sprüngen und Kurven. Da ist es wieder, dieses Sportwagen-Gefühl … Und die Vernunft? Die hat jetzt erstmal mal wieder Urlaub …

Das ist uns aufgefallen
- Hinterbauabstimmung Groß und leicht? Nicht ganz einfach am Fugitive – bei der Abstimmung der Zugstufe waren die leichteren Testfahrer hart am Limit nach unten.
- Reifenfreiheit Superboost Plus regelt. Viel Reifenfreiheit ist der Freund des Matschfahrers. Das Fugitive bietet enorm viel Platz!
- Industry Nine 101-Felge In zornigem Gelände ist ein Platten durchaus zu verzeihen, die Überraschung aber bei der Fehlersuche: Reifen – unbeschädigt, Felge – grob zerdellt, Speiche – locker, Felgenband – unbeschädigt. Ein Schlauch musste für den restlichen Testzeitraum eingezogen werden, da die Felge nicht mehr zuverlässig abdichtete.
- Optik Rein optisch polarisierte das Fugitive etwas. Der lange Hauptrahmen mit dem flachen durchgängigen Sitzrohr lässt die Proportionen etwas eigen aussehen.
- Lenkerhöhe Aufgrund des niedrigen Stacks mussten wir, um auf eine angenehme Lenkerhöhe zu kommen, ein paar Spacer und einen Riserbar verbauen.



Im Vergleich
Knolly Fugitive vs. Trek Fuel EX
Alu vs. Carbon bei Rahmen und Ausstattung, doch verstecken muss sich das Fugitive bergauf nicht vor dem Fuel EX. Es klettert ähnlich entspannt und effizient. Bergab offenbart sich das Fugitive dann aber als vielseitigeres Rad. Man kann es mit diesem Rad getrost laufen lassen – schaltet sich am Fuel EX der Verstand ein, bügelt man mit dem Knolly gerne noch weiter drauf los.
Das Fuel EX ist etwas komfortabler bergauf und bergab. Dank nachgiebigen Hinterbaus stört die kurze Kettenstrebe die Balance nicht – beide Räder sind in sich sehr gut ausgeglichen.
Knolly Fugitive vs. Evil The Following MB
Das Evil The Following MB ist für uns aktuell eines der spaßigsten Räder in seiner Federwegsklasse. Den klaren Fokus auf die Abfahrt teilen sich beide Bikes. Mehr Komfort bekommt man am Evil – wenn es hart auf hart kommt, hat aber auch hier das Fugitive die Nase vorn. Ansonsten fällt die Entscheidung zwischen den beiden Rädern schwer. Auf dem Papier bietet das Knolly Vorteile bei der Reifenfreiheit, der etwas längere Rahmen macht es attraktiv für größere Fahrer. Im Fazit zum Evil schrieben wir: „Mit dem orangen Kurvenräuber machen die Amerikaner eine Kampfansage an langweilige Fahrräder.“ – mit dem Knolly Fugitive sieht es sehr ähnlich aus – im Direktvergleich ist das Evil aber eine Spur aufregender, das Knolly etwas neutraler und berechenbarer.


Fazit – Knolly Fugitive
Mit dem Knolly Fugitive hat der kanadische Hersteller ein hervorragendes Produkt auf dem Markt. Dieses Rad hat das Zeug, seine bisher vage Kategorie klar zu definieren. Es ist ein fleißiger Kletterer, der gerne auch den ganzen Tag durch den Wald geprescht wird und neue Trails entdecken will. Bergab gibt es ein ausgewogenes, spritziges Fahrverhalten, viel Traktion im Grenzbereich und überraschend hohe Nehmerqualitäten für den geringen Federweg. Das Fugitive geht besser bergauf als ein vollwertiges Enduro-Bike und ist der Konkurrenz in seiner Klasse bergab in vielen Belangen eine Länge voraus. So steckt das Rad ein extrem breites Einsatzspektrum ab und legt einen klaren Fokus auf Fahrspaß, den man sich bergauf leicht verdienen kann.
- Hervorragende Fahrwerksabstimmung
- Antriebsneutraler Kletterer
- Angenehme Hinterbausteifigkeit
- Die Sportlichkeit geht etwas zu Lasten des Komforts
Kurzhubige Höllenmaschine oder lieber etwas mehr Federweg im Heck – welche Fugitive-Ausführung sagt euch mehr zu?

Testablauf
Das Knolly Fugitive wurde in den letzten Monaten von unterschiedlichen Testern bewegt. Abgesehen von einem Bikepark-Tag in Beerfelden und einem halben Tag an den EWS-Trails an der Petzen wurden sämtliche Höhenmeter aus eigener Kraft bewältigt. Jeder Tester hat das Rad auf seine individuellen Anforderungen angepasst. Im Fahrwerk legten wir besonderen Wert auf die Abstimmung je nach Vorliebe des jeweiligen Testers. Dementsprechend wurden neben dem Standardprozedere der Sag-Anpassung auch Anpassungen an Dämpfung und Luftkammervolumen durchgeführt.
Hier haben wir das Knolly Fugitive getestet
- MTB Zone Petzen: Murmelbahn? Nein! Thriller und EWS-Trail wurden gefahren: Technische Kurven, ruppige, teils sehr steile Abschnitte, aber auch flaches Gelände, bei dem es gilt, Geschwindigkeit zu halten.
- Bike Park Krvavec: Gebaute Strecken mit natürlichem und sehr steinigem Untergrund. Teils steil, teils flach, von extrem schnell bis langsam
Körpergröße | 190 cm |
Schrittlänge | 91 cm |
Oberkörperlänge | 56 cm |
Armlänge | 61 cm |
Gewicht | 95 kg |
- Fahrstil
- Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
- Ich fahre hauptsächlich
- Singletrails, sprunglastiger Local Spot, Freeride, DH
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, moderat progressive Kennlinie
- Vorlieben bei der Geometrie
- Kettenstreben nicht zu kurz (ca. 430 mm oder gerne länger), Lenkwinkel tendenziell eher flacher
Körpergröße | 190 cm |
Schrittlänge | 94 cm |
Oberkörperlänge | 49 cm |
Armlänge | 60 cm |
Gewicht | 70 kg |
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
Der Beitrag Knolly Fugitive im Test: Fehlt nur der Spoiler! erschien zuerst auf MTB-News.de.