
WTB Verdict im Test: Mit dem Verdict hat WTB Ende April einen neuen Vorderreifen vorgestellt. Lange, große Stollen und ordentlich Platz dazwischen deuten schon an, wo sich dieser Reifen vermutlich wohl fühlen wird. Wir haben den brandneuen Reifen auf die Probe gestellt und ihm in wenigen Wochen viele Kilometer, Tiefen- und Höhenmeter aufgebrummt. Wie schlägt er sich unter verschiedenen Bedingungen und wo geht er in seinem Element auf?
WTB Verdict – Infos und Preise
WTB stellt den Verdict als Vorderreifen für die losesten und härtesten Bedingungen vor. Ob staubige, trockene Bedingungen oder tiefer Matsch ist dabei egal. In zwei Laufradgrößen wird der Reifen angeboten. Zudem hat man die Wahl bei der Karkasse: Entweder die dicke TCS Tough-Seitenwand oder die leichtere TCS Light-Karkasse mit Slash Guard. Slash Guard ist eine Nylon-Einlage in der Seitenwand. Bei der Reifenbreite und der Gummimischung gibt es dafür keine Auswahl. Einzig als 2,5″-Version mit weichen High Grip TriTec-Gummimischung wird der WTB Verdict angeboten. Die 29″-Versionen wiegen knappe 1,2 kg mit leichter und etwa 1,3 kg mit schwerer Karkasse. Wenn das Profil vom regulären Verdict noch nicht ausreicht, bietet WTB noch den Verdict Wet an. Dieser ist zwar auch für 27,5″- und 29″-Räder verfügbar, aber ansonsten kompromisslos: 2,5″ only, TCS Tough only, TriTec High Grip only.
- Laufradgrößen 27,5″, 29″
- Reifenbreiten 2,5″
- Gummimischung TriTec-Compound
- Karkasse TCS Light mit Slash Guard, TCS Tough (getestet)
- Gewicht 1.287 g (29″, TCS Tough-Karkasse)
- www.wtb.com
Preis: 69,95 € (UVP) | Bikemarkt: WTB Verdict kaufen

Im Detail
Fangen wir mit dem Aufbau des Reifens an der Felge an: Der WTB Verdict ist ein Faltreifen und mit Aramid-Reifenwulst aufgebaut. Am TCS Tough-Reifen gibt es eine zweilagige Karkassen-Konstruktion, die für hohe Haltbarkeit sorgen soll und auch am Vigilante und Trail Boss schon verwendet wird. Der zweilagige Aufbau zieht sich über den gesamten Reifen. Es wird also auch unter der Lauffläche ordentlich Gewebe verwendet, um vor Reifenpannen zu schützen. Das Herzstück des Reifens ist ein recht klassischer Aufbau ohne große Besonderheiten.
Interessanter wird der Blick aufs Profil: Die langen, weichen Stollen sind aus drei verschiedenen Gummihärten aufgebaut. Damit will WTB verhindern, dass zu weiche Stollen in Kurven abknicken. Harte Stollen, die nicht knicken, bieten zu wenig Grip – also kombinieren und das Beste aus beiden Welten in einem Reifen vereinen? So zumindest die Theorie. Bisher sind wir aber erst bei zwei Gummihärten. Die weichere “Grip-Gummi-Lage” unterscheidet sich zwischen Seiten- und Mittelstollen. Auf den Seiten verwendet man weicheres Material für besseren Kurvengrip. In der Mitte soll eine etwas härtere Mischung für längere Haltbarkeit, mehr Bremstraktion und besseres Abrollen sorgen.

Am Profil selbst erkennt man, wo es langgehen soll: Zwischen den Mittelstollen gibt es in keiner Profilreihe eine Verbindung, sie stehen alle frei. Das verspricht gute Selbstreinigung, dürfte sich aber nicht besonders gut auf die Bremstraktion auswirken. Alle Lamellen auf den Stollen zeigen in Fahrtrichtung. Auch hier wurde der Reifen eher auf eine solide Führung getrimmt, als auf Bremstraktion. Für ein gutes Abrollverhalten soll eine Anschrägung an den Mittelstollen sorgen.
Massiv fallen die Seitenstollen aus. Hier arbeitet WTB mit einer Lamelle am Stollen, die sich bei Kurvenfahrten in den Dreck graben kann. Zur Außenseite hin sind die Stollen gut abgestützt, nach Innen fällt die Abstützung nicht so stark aus.

Auf dem Trail
Bevor es losgeht, müssen wir den Verdict natürlich noch montieren. Auf einer Felge mit 30 mm Maulweite wird der Reifen völlig problemlos Tubeless montiert.
Los geht es auf gewohnten Trails, die im wechselhaften Frühling recht sumpfig sind. Grandios. Der WTB Verdict gräbt sich schön in die matschigen Kurven und generiert selbst bei widrigen Bedingungen zuverlässig Traktion. So viel, dass man getrost etwas schneller Fahren kann – was wiederum für ein freies Profil und verbesserte Traktion sorgt. Bei der Trail Trophy in Latsch erwarten uns dann zum ersten Mal unterschiedliche Bodenverhältnisse. Stellenweise trocken, etwas härter, manchmal staubig, aber auch viel Matsch. Natürlich gibt es auch steinige Highspeed-Passagen. Hier gilt es Luft zu halten und sich nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Der Reifen führt auch hier zuverlässig und kann trotz gelegentlicher hörbarer Durchschläge die Luft da halten, wo sie hingehört. Auf steileren, nassen Trails kommt der WTB Verdict am Heck dann aber doch etwas ans Limit der Traktion. Aber zugegeben: hier hat es kein Reifen leicht.
Spulen wir eine Woche vor: Ähnliches Wetter in Bischofsmais, aber ganz anderer Boden. Im Bikepark ist der Boden größtenteils recht hart gefahren. Hier zeigt der WTB Verdict sich nicht von seiner besten Seite. Harte Untergründe bringen die Seitenstollen etwas ans Limit: der bisher extrem berechenbare Reifen wird plötzlich etwas unberechenbar. Auf Strecken wie dem Flow Country-Trail ist das weniger ein Problem – da fangen einen die Anlieger. Schwierig wird es auf offenen Kurven, die sich nicht mit dem Selbstbewusstsein nehmen lassen, mit dem man sie fahren sollte.

Wir spulen wieder vor: Madeira. Von tiefen Staubrinnen über losen Erdboden bis hin zu unfahrbarem Matsch bietet die Insel alles, was einen Reifen auf die Probe stellt. Hier bestätigt der WTB Verdict das bisher erlebte. Auf harten Böden lieber nicht das Messer zwischen die Zähne nehmen, dafür kann man es auf losen Böden ordentlich laufen lassen. Auf den langen Abfahrten kann die Karkasse voll überzeugen. Sie lässt recht niedrige Drücke zu und sorgt damit für Komfort und Kontrolle. Der Reifen springt nicht, sondern liegt satt auf der Piste.
Bergauf ist nicht das Spezialgebiet des WTB Verdict, er kann hier dem extrem schnellen Specialized Butcher nicht das Wasser reichen. Trotz weicher Mischung rollt der Reifen aber insgesamt recht passabel bergauf und klebt nicht am Boden, wie man es vielleicht erwarten würde.

Das ist uns aufgefallen
- Verdict am Heck? WTB sieht den Verdict als reinen Vorderreifen, den man am besten mit dem WTB Judge 2,4″ kombinieren soll. Wir sind den Verdict auch am Heck gefahren. Wenn der Boden weich und tief ist, macht der WTB auch am Heck eine gute Figur. Auf harten Böden ist er aber kein idealer Reifen und muss mit etwas Vorsicht gelenkt werden, damit das Heck nicht abschmiert. Um den Geldbeutel zu schonen, sollte man hier auf die Empfehlung von WTB hören, denn am Heck hält der Reifen nicht besonders lange.
- Haltbarkeit Die TriTec-Gummimischung ist recht weich, an der Front hält sich der Verschleiß aber in Grenzen. Wer den Reifen auch am Heck fährt, wird ihn ziemlich schnell verschleißen.
- Karkasse Ein Leichtgewicht ist der WTB Verdict in der getesteten Ausführung keines. Aber das ist eigentlich ziemlich egal, denn die Dämpfung der Karkasse und der Durchschlagschutz sind dafür superb. Um den Verdict platt zu bekommen, mussten wir die spitzesten Steine suchen und voll mit dem Hinterrad reinknallen.
- Gewicht Spoiler-Alert: Das Gewicht wird nicht unter den Negativ-Punkten aufgeführt. Das hat einen guten Grund: Bei einem Reifen, der in diesem Einsatzbereich performen soll, steht Zuverlässigkeit ganz klar vor dem Gewicht. Zugunsten der besseren Fahreigenschaften und mehr Pannenschutz fällt der Reifen etwas schwerer aus.


Im Vergleich
Als Referenz-Reifen im Enduro-Sektor dienen Schwalbes Magic Mary und Maxxis Minion DHR II. Vorweg lässt sich sagen: Der WTB Verdict ist sehr viel weniger Allrounder als DHR II und Magic Mary, sondern eher ein Spezialist.
Schwalbe Magic Mary vs. WTB Verdict
Das Duell der Langstolligen – wer hat die längeren? WTBs Verdict hat recht lange Schulterstollen, die Mittelstollen sind kürzer. Beim Magic Mary ist das Profil etwas gleichmäßiger und deswegen etwas runder ausgeformt. Auf dem Trail macht sich das 1:1 bemerkbar, denn der Magic Mary ist der bessere Allrounder und funktioniert auch auf harten Böden besser als der Verdict. Wird es nass und tief, hat dafür der WTB unangefochten die Nase vorn. Der breitere Verdict ist etwas schwerer als der 29″ Magic Mary und am ehesten mit der Super Soft-Mischung vergleichbar.
Maxxis Minion DHR II vs. WTB Verdict
Maxxis Minion DHR II und WTBs Verdict kommen aus zwei gänzlich unterschiedlichen Ecken. Der DHR II, ursprünglich als Hinterreifen konzipiert, eignet sich auch hervorragend als Vorderreifen. Der Verdict hingegen ist am Heck stärker Kompromiss-behaftet. Auch hier zeigt sich der WTB wieder klar als Spezialist für tiefe Böden, wo er dem DHR II problemlos den Rang abläuft. Dank breiter abgestützter Mittelstollen ist der DHR II trotz niedrigerer Stollen besser, wenn man in die Eisen steigt. Auf den Seitenstollen ist er berechenbarer als der WTB.
e*thirteen TRSr vs. WTB Verdict
Warum nehmen wir den TRSr noch mit in den Vergleich auf? Beide Reifen sind sich auf harten Böden recht ähnlich, da sie auf den Seitenstollen weniger gut berechenbar sind als unsere Referenzen. Im direkten Vergleich ist der wesentlich aggressivere WTB auf losen Böden voraus und wartet mit besserem Pannenschutz auf. Der e*thirteen hingegen hält auch am Hinterrad etwas länger und ist auf harten Böden einen Ticken besser.
Fazit – WTB Verdict
In seinem Spezialgebiet punktet der WTB Verdict mit extrem viel Traktion, einer grandiosen Karkasse und führt die Front zuverlässig. Dank stabiler Seitenwände kann man den Druck weit absenken, ohne Gefahr zu laufen Plattfüße zu bekommen. Dann kann sich der Reifen auch besser an den Untergrund anpassen und für ein komfortables Fahren bei hohem Sicherheitsgefühl sorgen.
- Performance in tiefen, losen Böden
- sehr gute Traktion
- Dämpfung der Karkasse
- Durchschlagschutz
- weniger gut berechenbar auf harten Böden
- eingeschränkte Allround-Fähigkeiten

Lieber einem Underdog eine Chance geben oder auf vertraute Reifen setzten: wie experimentierfreudig seid ihr bei der Reifenwahl?
Testablauf
Der WTB Verdict wurde im Renneinsatz und in der Rennvorbereitung gefahren. Neben der Trail Trophy in Latsch sind wir mit dem Reifen auch im Bikepark und bei der Trans Madeira unterwegs gewesen. Dabei hat der Verdict nahezu jeden Untergrund unter sich gehabt und wurde einige Höhenmeter bergauf getreten.
Hier haben wir WTB Verdict getestet
- Latsch: Verschiedene Bodenbedingungen von lose bis hart, wurzelig und steinig
- MTB Zone Bikepark Geisskopf: Nasse, schmierige Bedingungen, harter Untergrund mit Steinen und Wurzeln
- Madeira: Von tiefem Staub, bis hin zu tiefem Schlamm
Körpergröße | 190 cm |
Schrittlänge | 94 cm |
Oberkörperlänge | 49 cm |
Armlänge | 60 cm |
Gewicht | 70 kg |
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
Der Beitrag WTB Verdict im Test: Spezialist mit Charakter erschien zuerst auf MTB-News.de.