
BH Bikes Lynx 4.8 Carbon im ersten Test: Während BH Bikes in Spanien und Frankreich bekannt und populär sind, ist der spanische Hersteller in Deutschland noch in Lauerstellung – dabei bewies schon unser Test des BH Bikes Lynx aus dem letzten Jahr, dass BH Bikes richtig gute, satte Fahrwerke realisiert. In Mandelieu/Frankreich erhielten wir für einen Tag die Möglichkeit, das brandneue Carbon-Modell der Lynx-Reihe zu testen – was neu ist, wie sich das Bike geschlagen hat und für welches Terrain das Rad besonders geeignet ist, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.
BH Bikes Lynx 4.8 27.5″ Carbon – alle Informationen
Vollcarbon, sehr stabil, superleicht: die ersten Fakten hören sich gut an. Realisiert wurde das neue 4.8 Carbon in Monocoque-Bauweise als Vollcarbon-Rahmen, der die Formensprache der letzten Modelle weiterführen sollte – insbesondere seien hier der generelle Shape des Rahmendesigns oder auch das markante Design des Steuerrohrs angesprochen. Wichtig sei es BH Bikes laut Produkt-Manager Nicola gewesen, dass das generelle BH Bikes-Design auch im neuen Modell gut erkennbar ist.
Der Rahmen
Unter zwei Kilo ohne Dämpfer: Der Rahmen des BH Bikes Lynx 4.8 27.5 Carbon wurde konsequent auf leicht, aber stabil getrimmt – hierbei kam die gleiche Molding-Technologie wie beim BH G6 Rennrad zum Einsatz. Bis auf wenige Alu-Gewinde-Einsätze, Schrauben und Lager besteht der Rahmen quasi komplett aus kohlefaserverstärktem Kunststoff. Press Fit Innenlager und Lagersitz im Steuerrohr – Kohlefaser. Das Lynx verfügt zusätzlich über eine Direct Mount Umwerfer-Montage, eine der wenigen Stellen am Rahmen, an denen ein Alu-Insert einlaminiert wurde. Zusätzlich findet sich am Rad eine ISCG 5.0 Aufnahme. Sämtliche Leitungen verlaufen intern, was durch das Vermeiden von überflüssigen Kabelbiegungen die Schaltperformance verbessern soll.
Ganz neu am Rahmen ist der ebenfalls komplett aus Carbon bestehende Rocker Arm: Die Zielsetzung hierbei war laut BH Bikes, den Hinterbau zu versteifen und generell mehr Freiheiten im Design zu haben. Ein gutes Stück leichter als eine vergleichbare Aluminium-Variante ist die Hollowcore-Konstruktion ebenfalls.
Eine Besonderheit ist die Kompatibilität des Rahmens mit Shimanos neuer Elektronik-Schaltung XTR Di2: Mit einem speziell designten Einsatz lässt sich der Akku sehr simpel und wackelfrei im Sitzrohr verstauen. Die Demontage des Einsatzes erfolgt über die Mitte des Tretlagergehäuses, installiert und entnommen wird der Akku über das Sitzrohr. Geladen wird der Akku über das Display, sodass man den Akku nicht allzuoft herausnehmen müssen sollte.
Geometrie
Das BH Bikes Lynx 4.8 27.5 Carbon ist ein interessanter Vertreter aus der 120 mm-Riege: Statt entspannter Sitzpositionen habe man das Rad laut Produkt Manager Nicola aggressiv und kompakt gestaltet, so dass das Bike neben einem guten Kletterverhalten besonders in der Abfahrt seine Vorteile ausspielen soll. Mit 426 mm Kettenstreben haben die Konstrukteure das Heck knackig kurz gemacht, was insbesondere in engen Kurven besser funktionieren und einer generellen Verspieltheit zugute kommen soll.
Interessant ist auch, dass Raderhebungskurve bei allen Lynx-Modellen gleich ist – egal ob mit 150 mm Enduro oder wie hier beim 120 mm-Trail-Modell. Dadurch soll einerseits eine weitgehend identische Performance hinsichtlich der Federung im harten Bergab-Terrain erreicht werden, andererseits die gleiche, aus dem Split Pivot-Hinterbau resultierende sehr gute Antriebsneutralität beim Uphill.
Ausstattung
Rahmen | Lynx 4.8 Carbon 120mm |
Stoßdämpfer | Fox Factory CTD Kashima Remote |
Gabel | Fox Factory CTD Kashima Remote 120mm |
Lenkervorbau | BH Evo |
Lenkkopf | BH Evo |
Schalthebel | Shimano XTR |
Schaltwerk | Shimano XTR |
Umwerfer | Shimano XTR |
Kurbelgarnitur | Shimano XTR 36/26 |
Satz Tretlager | Shimano |
Kassette | Shimano XTR 11/40 |
Kette | Shimano |
Vorderradbremse | Magura MT8 180mm |
Hinterradbremse | Magura MT8 160mm |
Radsatz | DT Swiss XM1551 Spline One |
Reifen | Michelin Wild Grip’R 2.25 |
Sattel | Prologo X8 |
Sattelklemme | BH SuperLite |
Sattelstütze | KS LEV DX |
Lenker | BH Evo Carbon Low Rizer |
Gewicht | 11,3 kg |
Preis | 6.783,80 € |
Erster Test: Fahreindruck BH Bikes Lynx 4.8 27.5″ Carbon
Ganz schön leicht, das Geschoss – kein Wunder bei der Ausstattung. Fox Factory CTD Elemente mit Kashima Coating, Magura MT8 Bremsen, Prototypen des Wild Grip’R 2 vorn, Kindshock LEV Stütze und 2 x 11 XTR-Komplettschaltung – das edle Gesamtpaket, das für rund 6800 € über die Ladentheke geht, fährt mit dem Besten vom Besten auf. Leider wird es mit zwei Bremsschellen, beidseitigen Schalthebeln, Lenker-Remote für die Dämpfung sowie Remote für die Vario-Stütze ganz schön unübersichtlich voll an der Front, sodass wir uns vor der Abfahrt alles nochmal richtig sortieren. Der in Serie verbaute 90 mm lange Vorbau ist meiner Meinung nach an einem bergab aggressiven Bike nicht die beste Wahl – hier wechsle ich vor Ort auf ein kurzes 45 mm-Modell.
Beim Parkplatztest offenbart sich einerseits ein recht lineares Einfederungsverhalten am Heck, dass gegen Ende mit ordentlich Progression begrenzt wird, andererseits auch eine erste Kostprobe der enormen Spurtstärke des leichten Bikes. Zur XTR-Schaltung müssen wir nichts sagen, die 2 x 11-Schaltung funktioniert anstandslos exzellent.
Bergauf
Wir testen die Trails von Teamfahrer und Lokalmatador Karim Amour direkt in Mandelieu nahe Cannes – auch hier geht es natürlich erstmal aufwärts. 11,3 Kilo und die Kinematik von Dave Weagle am Hinterbau sorgen dafür, dass das Lynx äußerst willig bergauf klettert – es wippt auch im offenen Modus praktisch nichts, das Rad geht ultimativ vorwärts. Enge Kurven oder größere Stufen berghoch – das Lynx reagiert umgehend und wirkt sehr agil, der Hinterbau nimmt die wenigen Schläge unauffällig mit und sorgt in jedem Terrain für ausreichend Wippfreiheit.
Bergab
Südfranzösische Verhältnisse – das bedeutet loser Schotter, viele spitze Steine, rutschiges Terrain und alles von Highspeed-Ballern bis engste Kurven im Wald. Die ersten beiden Stages sind sehr eng, es muss oft angebremst werden, kleine Drops und Sprünge sind ebenso dabei wie steile Steinpassagen. Erstaunlich am Lynx: Der Hinterbau fühlt sich im richtigen Terrain gänzlich anders an als noch auf dem Parkplatz, er wirkt spritzig und vor allem: er fühlt sich eher nach 150 mm an als nach 120 mm. Man kann es mit dem Rad richtig krachen lassen und dank des niedrigen Gewichts und der kurzen Kettenstreben lässt sich das Rad spielerisch um jede Kurve zirkeln oder per Bunnyhop über Hindernisse manövrieren.

Auch bei schnellerem Tempo kann das Bike die Geschwindigkeit halten und nimmt die härteren Schläge für den eher geringen Federweg problemlos an, das Fox-Fahrwerk bietet eine einwandfreie Performance. Selbst bei 1.50 m tiefen Drops gab es auch mit meinem recht hohen Fahrergewicht von 110 kg keine Probleme.
Die XTR mit Shadow Plus Schaltwerk leistet hier ebenso gute Dienste wie die im Vergleich zum Mega-Stopper MT7 (in Kürze bei uns im Test) zwar nicht ganz vergleichbaren, aber für diese Art von Bike und Terrain problemlos funktionierenden Magura MT8 Bremsen.
Fazit – erster Eindruck
Es scheint, als wären BH Bikes in Deutschland im Allmountain- und Enduro-Bereich zu Unrecht noch nicht so bekannt wie andere Bikefirmen: Schon das Lynx 6 27.5″ (hier zum Test) fanden wir gut und mit dem brandneuen Lynx 4.8 Carbon-Modell haben die Spanier ein leichtes Edel-Trailbike auf die Beine gestellt, dass sich hinsichtlich der Performance bergauf wie bergab absolut nicht hinter AM-Bikes mit mehr Federweg verstecken braucht. Lediglich den Lock-Out der Federelemente hätte es unserer Meinung nicht zwingend gebraucht – das Kabel- und Schaltgewirr wäre passé und der Split Pivot-Hinterbau funktioniert auch ohne Lock-Out richtig gut.
Weitere Informationen: http://www.bhbikes.com
Text: Johannes Herden
Fotos: BH Bikes, Johannes Herden
Der Beitrag BH Bikes Lynx 4.8 27.5″ Carbon – erster Test: Federleichte Carbon-Rakete für den AM-Einsatz ist auf MTB-News.de erschienen.