
Schon auf der Eurobike zeigte Propain die neueste Evolutionsstufe ihres DH-Boliden Rage (hier zum Artikel): eine 650b-Version mit neuer Kennlinie, angepasster Geometrie und schickem Look. Die 650b-Version sorgte schon zur Eurobike-Zeit unter unserem Messe-Artikel für heiße Diskussionen. Leider existierte damals jedoch nur ein einziges Bike. Nach weiteren vier langen Monaten ist es nun aber endlich soweit, Propain präsentiert feierlich das serienreife Rage 650b. Es soll das schnellste aller bisherigen Rage sein, so die Aussage der wilden Ravensburger. Wir durften dem Bike als erstes Magazin weltweit exklusiv auf den Zahn fühlen.
Wer denkt, Propain hätte das neue Rage einfach nur auf größere Laufräder gestellt, um einem Trend zu folgen, der irrt. Das neue Rage 650b basiert auf einer gänzlich neuen Geometrie, einer überarbeiteten Version des bewährten PRO10-Federungssystems und einer Gewichtsoptimierung, durch welche die Top-Version ein Gesamtgewicht von gerade einmal 15,4 kg erzielt. 15,4 kg – eine echte Kampfansage der kleinen schwäbischen Firma an die Global Player der Szene, denn entgegen dem Trend erreicht Propain das Gewicht mit einem Alu-Rahmen. Carbon kommt für die Ravensburger weiterhin nicht in Frage.
Propain Rage 650b – kurz und knapp
- brandneuer Rage-Rahmen für 27,5″-Laufräder
- Aluminium-Rahmen
- neue Geometrie (tiefer und flacher)
- neue Kinematik am PRO10-Federungssystem
- satte 220 mm Federweg
- erhältlich in drei Größen: S, M und L (getestet)
- Rahmengewicht: 3,65 kg
- Komplettbike-Gewicht: 15,4 kg (Top-Version)
- Einstiegspreis: ab 2.179 Euro

Über das neue Rage 650b
Über die Jahre hinweg wuchs der Rage-Rahmen in die Länge, wurde tiefer wie flacher und ermöglicht dem Fahrer neuerdings eine individuelle Anpassung via Flip-Chip. Das heute vorgestellte Rage 650b bietet die bisher aggressivste Geometrie im Rage-Familienstammbaum. In der hohen Position misst der Rahmen einen Lenkwinkel von 63,2°, in der tiefen kommt es auf sportliche 62,7°. Die Tretlagerhöhe variiert dabei zwischen relativ hohen 358 und 353 mm. Der Radstand wächst ihm Zuge der 650b-Umstellung auf satte 1.242 mm (bei Größe L) an, was vor allem dem deutlich längeren Hinterbau zuzuschreiben ist. Dieser wandert im Vergleich zum 26″-Modell um ganze 12 mm nach hinten. Ob das nur die Laufruhe begünstigt oder dem Bike gleichermaßen Agilität stielt, sollte unser Praxistest hervor bringen, doch dazu später mehr.


Ganz nach der Firmenphilosophie von Propain ist auch das neue Rage 650b ein echter Preisbrecher.
- So ist die 15,4 kg leichte Rage III Top-Version schon ab 3.799 Euro zu haben, kann jedoch nach Gusto des Käufers gegen Aufpreis zusätzlich “customized” werden.
- Das Rage III 650b soll die Race-Version der Serie sein und kommt mit edlen Anbauteilen wie Rock Shox Boxxer World Cup, Vivid Air RC2, Magura MT7 Bremsen und einem SRAM X01 DH Antrieb.
- Zusätzlich werden mit dem Rage I 650b und Rage II 650b zwei weitere, günstigere Versionen für Einsteiger und Preisbewusste erhältlich sein.
- Wer sich mit keinem der drei Serien-Bikes anfreunden kann, der kann sich das Rage Free im Baukastensystem ganz nach eigenen Vorstellungen zusammenstellen.

Der erste Kontakt
In markanter Form und schlichtem Design präsentiert sich das neue Rage 650b. Am Rahmen selbst lassen sich auf den ersten Blick keine Neuerungen erkennen, doch die grafische Gestaltung mit ihren Ecken und lang gezogenen Kanten lässt bereits erahnen wo sich das neue Rage platzieren möchte: im Downhill Race-Segment. Diesen Anspruch unterstreicht auch die Ausstattung unseres Rage Free 650b Testbikes, das mit einer leichten Boxxer World Cup Gabel, einem fein ansprechendem Vivid Coil RC2 Dämpfer, einer bissigen Magura MT7 Bremsen, einem SRAM X01 DH Antrieb und soliden Propain Reeno Laufräder aufgebaut ist.
Überrascht werden wir jedoch vom Gewicht unseres Test-Bikes. Während der Hersteller das ähnlich ausgestattete Top-Modell mit einem Gewicht von 15,4 kg angibt, bringt unser Test-Bike in Größe “L” 16,7 kg auf die Waage. Der Grund dafür ist schnell gefunden:
Am Serien-Bike kommen leichte Schwalbe Magic Mary mit dünner SnakeSkin-Karkasse zum Einsatz, unser Rad ist mit schweren, aber pannensicheren Magic Marys mit Super Gravity-Karkasse aufgebaut. Zudem steht das Rad auf den schwereren, aber haltbareren Propain Reeno Laufrädern und nicht wie in Serie auf der leichten EMU-Version. Zu guter Letzt sorgt auch der Stahlfederdämpfer für etwas Mehrgewicht gegenüber der serienmäßig verbauten Luftversion.
Während das Bike alles in allem äußerst stimmig und durchdacht wirkt, müssen wir am Dämpfer einen ersten Negativpunkt verzeichnen. Zum einen sind die Einstellknöpfe des Vivid Coil Dämpfers von der Wippe verdeckt und somit schlecht zugänglich, zum anderen stellt sich die vom Hersteller empfohlene Federhärte von 500 lbs bei knapp 85 kg Fahrergewicht als deutlich zu straff heraus. Schon nach der ersten Testfahrt tauschen wir die Feder gegen eine 400er, womit unser Testfahrer Marion einen SAG von ziemlich genau 31 % erreicht.

Propain Rage 650b: exklusive Fahreindrücke aus Bozen
Die Testbedingungen
Unter denkbar schlechten Bedingungen musste sich Propains neues Rage 650b in unserem ersten exklusiven Test in Bozen beweisen. Einen Tag lag hatten wir die Gelegenheit, das Rad auf unserer üblichen DH- und Enduro-Bike Teststrecke am Kohlern/Bozen auf die Probe zu stellen. Leider erwartete uns weder italiensicher Sonnenschein noch angenehme Temperaturen, sondern graue Wolkentristesse und Temperaturen um den Gefrierpunkt. Der teils angefrorene und Laub-bedeckte Boden tat sein Übriges, um die Testbedingungen zu erschweren. Vor allem Reifen und Fahrwerk mussten aufgrund der Kälte einbüßen. Um etwas besser zwischen äußeren Einflüssen und realen Schwächen des Bikes unterscheiden zu können, diente uns ein zweites Bike als Referenz.

Unsere Fahreindrücke vom Rage 650b
Entgegen der Herstellerempfehlung tauschten wir die 500 lbs Feder für Mario gegen eine 400 lbs Feder, mit der er knapp 31 % SAG erzielte und sich auf dem Rage prompt wohlfühlte. Beide Fahrer (Pirmin bei 103 kg mit 500 lbs Feder) beschrieben den Eindruck beim ersten Aufsitzen und dem obligatorischem “Parkplatztest” als durchaus gelungen. Die Geometrie und die damit verbundene Position, die man auf dem Rad einnimmt, sagte beiden Testern zu. Auch auf dem Trail bewahrheitete sich der erste Eindruck, und so lobten beide Fahrer den laufruhigen Charakter des Bikes. Lediglich Pirmin bemängelte hier und da die fehlende Agilität, die er vor allem aufgrund des langen Hinterbaus an Kanten und Kickern vermisste. Für seinen tendenziell verspielteren Fahrstil bedurfte es viel Nachdruck, um das Bike auf dem Hinterrad aus Kurven oder mit Popp in die Luft zu bewegen.
Kritik übten beide Tester am Kurvenverhalten:
Während das Rad einerseits in Anliegern dazu neigte, etwas im mittleren Federweg zu versacken, bot es unter erschwerten Kurvenfahrten im Gelände nicht ausreichend Traktion. Einerseits folgte das Fahrwerk dem Untergrund nicht so souverän, um besten Bodenkontakt gewährleisten zu können, andererseits schwächelten die Magic Mary-Reifen in der Trailstar-Mischung. Zumindest am Vorderrad wäre daher die deutlich Grip-stärkere “Vertstar”-Mischung wünschenswert. Unseren ersten Eindrücken zufolge scheint der Vivid Dämpfer auf schnelle, scharfe Schläge etwas überdämpft zu reagieren, was die oben beschriebenen situationsbedingten Traktionsprobleme erklären könnte.
Während das Fahrwerk noch Potenzial nach oben bietet, erwies sich die Geometrie wie die Ausstattung überaus stimmig:
- Vor allem die bissigen und standfesten MT7 Bremsen konnten unsere Tester überzeugen. Selbst die stämmigen 103 kg Körpergewicht von Testfahrer Pirmin konnten die Bremsen selbst nach langen Abfahrten noch einwandfrei verzögern.
- Auch Vorbaulänge und Lenkerhöhe wurden von beiden Testern gelobt.
Alles in allem präsentiert sich das neue 650b in einem guten Licht, würde aber von einem verbesserten Fahrwerk noch profitieren. Dennoch geht das Bike klar in Richtung Abfahrtsrennsport.

—————————————————————————————————————
Alle Details zum Bike und Test
Die technischen Daten der Fahrer
Um das Propain unter artgerechten Bedingungen zu testen fuhren wir nach Bozen/Südtriol, wo wir das Bike einen Tag die knüppelharte Strecke am Kohlern hinab jagten. Getestet wurde das Rage 650b dabei von unserem Fahrwerks-Experten Mario sowie von Bikepark-Shredder Pirmin. Um die geschilderten Eindrücke besser nachempfinden zu können, möchten wir euch auch dieses Mal ein Testerprofil präsentieren.
Testfahrer Mario
- Körpergröße: 1,80 m
- Gewicht (fahrfertig): 87 kg
- Fahrstil: schnell und statisch, saubere Linienwahl
- Fahrposition: eher frontlastig und überwiegend aufrecht, größtenteils statische Körperhaltung
- Was fährst du hauptsächlich: Downhill, Bikepark und auf schnellen alpinen Single-Trails
- Vorlieben bezüglich des Fahrwerks: um die 30% SAG – passende Progression vorausgesetzt, ausreichend bis viel Druckstufe, schnelle Zugstufe
- Vorlieben bezüglich des Rahmens: Hinterbau lang, Hauptrahmen mittellang

Testfahrer Pirmin
- Körpergröße: 1,83 m
- Gewicht (fahrfertig): 103 kg
- Fahrstil: wild, schnell und verspielt / rustikale und spapßorientierte Linienwahl (liebt Air Time)
- Fahrposition: eher zentrale bis hecklastige Fahrposition, größtenteils tiefe Körperhaltung
- Was fährst du hauptsächlich: Bikepark, Enduro und Dirt Jump/Slopestyle
- Vorlieben bezüglich des Fahrwerks: hinten gerne etwas straffer (ca. 20 – 25 % SAG) vorne hingen weicher (25 % SAG) / mit viel “Popp”
- Vorlieben bezüglich des Rahmens: Hinterbau eher kurz, Hauptrahmen mittellang (es muss verspielt sein ohne nervös zu werden)

Die technischen Daten des Bikes
Hersteller: Propain Bikes
Modell: Rage Free 650b
Modelljahr: 2015
Federweg: 220 mm
Hinterbausystem: VPP [PRO10 Suspension System]
Testkategorie: Komplettbike, Full-Suspension
Einsatzbereich: Downhill
Laufradgröße: 27,5″
Federweg Gabel: 203 mm
Rahmenmaterial: Alu (6013 T-6)
Dämpfereinbaulänge: 240 mm // 76 mm Hub
Steuerrohr: 1,5″ tapered
Innenlager: BSA 83 mm
Kettenführungsaufnahme: ISCG 05
Umwerferaufnahme: keine
Sattelrohrdurchmesser: 31,6 mm
Bremssattelaufnahme: 180 mm Post Mount
Ausfallende: 157×12 mm (Syntace X12)
Austauschbares Schaltauge: ja
Verstellbare Geometrie: ja via Flip-Chip / Lenkwinkel +/- 0,5° und Tretlagerhöhe +/- 5 mm
Gewicht: 3,65 kg Rahmengewicht und 15,4 kg Rage III 650b Gesamtgewicht
Preis: ab 1.299 € Rahmenkit / ab 2.179 € Rage I 650b Komplettbike


Unser Testbike
Rahmen: Propain Rage 650b FREE, MY 2015, Größe “Large”
Gabel: Rock Shox Boxxer World Cup
Dämpfer: Rock Shox Vivid Coil RC2
Steuersatz: Sixpack E3
Vorbau: Sixpack Millenium Direct Mount / 35 mm
Lenker: Sixpack Millenium Carbon / 785 mm breit, 35 mm rise
Bremsen: Magura MT 7, 203/203 mm Schreiben
Laufradsatz: Propain Reeno 27,5″
Reifen: Schwalbe Magic Mary SuperGravity Trail Star TL 27,5″x2,35″
Kurbeln: Sram X01 DH, Xsync Kettenblatt
Antrieb: SRAM X01 DH
Kettenführung: BPP DH-CT
Sattelstütze: Truvativ Hussefelt
Sattel: Sixpack Skywalker
Gewicht: 16,7 kg

Geometrie
Rage 650B | Small | Medium | Large | |
---|---|---|---|---|
Rahmenhöhe | A | 423 mm/16,5" | 423 mm/16,5" | 423 mm/16,5" |
Reach | G | 398 mm | 420 mm | 442 mm |
Stack | H | 597 mm | 597 mm | 597 mm |
Kettenstrebenlänge | F | 445 mm | 445 mm | 445 mm |
Radstand | B | 1.198 mm | 1.220 mm | 1.242 mm |
Lenkwinkel (tiefe Einstellung) | 1 | 62.7° | 62.7° | 62.7° |
Lenkwinkel (hohe Einstellung) | 1 | 63.2° | 63.2° | 63.2° |
Sitzwinkel (tiefe Einstellung) | J | 73.5° | 73.5° | 73.5° |
Sitzwinkel (hohe Einstellung) | J | 74.0° | 74.0° | 74.0° |
Tretlagerhöhe (hohe Einstellung) | K | 358 mm | 358 mm | 358 mm |
Tretlagerhöhe (tiefe Einstellung) | K | 353 mm | 353 mm | 353 mm |
Oberrohrlänge | C | 569 mm | 592 mm | 613 mm |
Gabelvorlauf | D | 42 mm | 42 mm | 42 mm |
Gabellänge | E | 578 mm | 578 mm | 578 mm |
Das Propain Rage 650b in der Detailansicht








———————————————————-
- Redaktion: Maxi Dickerhoff
- Testfahrer: Mario Freisinger, Pirmin Hirschvogel
- Bilder: Maxi Dickerhoff
- Weitere Informationen: propain-bikes.com/de/, Propain Forum
- MTB-News.de
Der Beitrag Propain Rage 650b im Test: erster Fahreindruck des neuen DH-Bikes ist auf MTB-News.de erschienen.