
Specialized Enduro LTD im Test: Wo Enduro draufsteht, muss auch Enduro drinnen sein. Wir haben das Specialized Enduro LTD ausgiebig getestet, um herauszufinden, wie es sich auf dem Trail schlägt. Hier gibt’s unseren Praxistest.
Steckbrief: Specialized Enduro LTD
Einsatzbereich | Enduro |
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Federweg | 170 mm/170 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 16,4 kg |
Rahmengrößen | S2, S3, S4, S5 (im Test: S3) |
Website | www.specialized.com |
Preisspanne | 5.800 € - 14.000 € |
Vor gut einem Jahr haben wir das Specialized Enduro bereits im Rahmen unseres Enduro-Vergleichstests ausgiebig getestet. Schon damals fiel das Fazit ausgesprochen positiv aus – das einzige Haar in der Suppe war die getestete Rahmengröße S4. Unsere Tester waren sich allesamt einig, dass das Enduro eine Nummer kleiner, in S3, deutlich besser abschneiden würde. Um herauszufinden, ob das auch wirklich stimmt, haben wir das 29″-Enduro-Bike mit 170 mm Federweg noch mal für euch getestet. Jetzt mit Öhlins-Fahrwerk und kleinerem Rahmen.
Das Specialized Enduro LTD bringt in S3 ohne Pedale 16,4 kg auf die Waage und wandert für einen Preis von 8.000 € über die Ladentheke. Hier erfahrt ihr, wie sich das Enduro-Bike auf den Trails schlägt.

Im Detail
Das Specialized Enduro LTD unterscheidet sich mit einer etwas abfahrtslastigeren Ausstattung von den übrigen angebotenen Varianten. So findet sich hier neben stabileren und griffigeren Reifen auch ein Stahlfeder-Dämpfer in der Ausstattungsliste wieder. Außerdem setzt das LTD als einziges Bike der Produktfamilie auf ein Öhlins-Fahrwerk. Diese leichte Abgrenzung spiegelt sich auch optisch wider: Der auffällige Stracciatella-Paintjob zieht auf jeden Fall die Blicke auf sich.
Ansonsten muss man zu dem bereits im Sommer 2019 vorgestellten Enduro-Bike eigentlich nicht mehr viele Worte verlieren. Der auffällige Horst-Link-Hinterbau mit den zwei zusätzlichen Umlenkhebeln und der praktische Kofferraum im Carbon-Unterrohr sind hinlänglich bekannt. Zudem wissen mittlerweile die meisten interessierten Mountainbiker, dass sich im Steuerohr ein praktisches kleines Multitool versteckt und dass die innen verlegten Züge sowie die Rahmenprotektoren von Specialized in der allerersten Liga spielen. Infos zum Rahmen gibt’s auch in unserem Vergleichstest mit dem Specialized Enduro.
Geometrie
Flacher Lenkwinkel, langer Reach und ein hoher Stack, dazu moderat lange Kettenstreben und kurze Sitzrohre: Wo Enduro draufsteht, ist bei Specialized auch Enduro drin. Das Ganze wird verpackt im S-Sizing-System. Dies soll mit der Abkehr von den herkömmlichen Größenbezeichnungen dazu ermuntern, die Bike-Größe nicht stumpf nach der Bezeichnung, sondern hauptsächlich nach den eigenen Vorlieben auszuwählen. Genau dies haben wir gemacht und zur etwas kleineren S3 statt S4-Größe gegriffen. Hier misst der Reach 464 mm und der Stack beträgt 620 mm.
Rahmengröße |
S2
|
S3
|
S4
|
S5
|
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 437 mm | 464 mm | 487 mm | 511 mm |
Stack | 616 mm | 620 mm | 629 mm | 638 mm |
STR | 1,41 | 1,34 | 1,29 | 1,25 |
Lenkwinkel | 63,9°64,3° | 63,9°64,3° | 63,9°64,3° | 63,9°64,3° |
Sitzwinkel, effektiv | 75,6°76° | 75,6°76° | 75,6°76° | 75,6°76° |
Oberrohr | 591 mm | 619 mm | 644 mm | 670 mm |
Steuerrohr | 95 mm | 100 mm | 110 mm | 120 mm |
Sitzrohr | 400 mm | 420 mm | 440 mm | 465 mm |
Kettenstreben | 442 mm | 442 mm | 442 mm | 442 mm |
Radstand | 1.217 mm | 1.246 mm | 1.274 mm | 1.302 mm |
Tretlagerabsenkung | 28 mm21 mm | 28 mm21 mm | 28 mm21 mm | 28 mm21 mm |
Tretlagerhöhe | 347 mm354 mm | 347 mm354 mm | 347 mm354 mm | 347 mm354 mm |
Gabel-Offset | 46 mm | 46 mm | 46 mm | 46 mm |
Federweg (hinten) | 170 mm | 170 mm | 170 mm | 170 mm |
Federweg (vorn) | 170 mm | 170 mm | 170 mm | 170 mm |

Ausstattung
Die Ausstattung des genau 8.000 € teuren Specialized Enduro LTD fällt selbst im Bike-internen Vergleich abfahrtslastig aus. Das Öhlins-Fahrwerk mit Stahlfeder-Dämpfer und die robusten Grid Gravity-Reifen (Specialized Butcher/Eliminator-Test) mit der extraweichen T9-Gummimischung geben eine klare Richtung vor und die zeigt bergab. Dazu gesellen sich SRAM Code RSC-Bremsen mit 220 mm-Bremsscheibe an der Front, ein GX Eagle-Antrieb und eine OneUp V2-Variostütze mit 180 mm Hub. Bei Laufrädern und Lenker setzt Specialized auf hauseigene Komponenten.
In dieser Konfiguration bringt das Enduro satte 16,4 kg ohne Pedale, allerdings mit Multitool, auf die Waage.
- Federgabel Öhlins RXF38 m.2 (170 mm)
- Dämpfer Öhlins TTX 22 Coil (170 mm)
- Antrieb SRAM GX Eagle
- Bremsen SRAM Code RSC
- Laufräder Roval Traverse 29 Alloy
- Reifen Specialized Butcher Grid Gravity T9
- Cockpit Specialized Trail (800 mm) / Deity (50 mm)
- Sattelstütze OneUp Dropper Post V2 (180 mm)

Auf dem Trail
Auch wenn die Gattung der Enduro-Bikes heutzutage zweifelsohne den größten Anteil in Bikeparks ausmachen, steht trotzdem auch der Uphill im Lastenheft dieser Geschosse. Hier gibt das Specialized Enduro LTD eine solide, aber wahrlich nicht herausragende Figur ab. Zwar ist der Hinterbau trotz feinfühlig ansprechendem Stahlfeder-Dämpfer nahezu komplett antriebsneutral, allerdings sorgen das hohe Gesamtgewicht und vor allem die mäßig rollenden Reifen für eine etwas behäbigere Gangart.
Die an Front und Heck verbauten Butcher Grid Gravity-Reifen setzten nämlich auf die extra weiche T9-Gummimischung und zehren dadurch bei langen Touren ordentlich an der Kondition des Fahrers. Hier brachte der Wechsel des Hinterradreifens auf den leichter rollenden Specialized Eliminator, ebenfalls in der Grid Gravity-Karkasse, allerdings mit T7/T9-Gummimischung, eine deutlich spürbare Verbesserung. Für alle, die ihr Enduro LTD nicht nur mit Liftunterstützung bewegen, wird sich der Wechsel auf einen Hinterradreifen mit härterer Gummi-Mischung dementsprechend auf jeden Fall lohnen.

Die Sitzposition an Bord des Enduros fällt auch dank des etwas kompakteren Reachs in Größe S3 angenehm aufrecht aus, allerdings könnte der Sitzwinkel für unseren Geschmack gerne noch einen Hauch steiler ausfallen. Auf technischen Bergauf-Passagen spielt der Hinterbau wieder seine Stärken aus: Während er in ruhigem Geläuf mit Antriebsneutralität begeistert, überzeugt er, wenn es zur Sache geht, mit jeder Menge Grip. Dadurch lässt sich das Enduro gut durch technische Uphill-Sektionen steuern, auch wenn es hier ebenfalls etwas spritzige Leichtigkeit vermissen lässt.
So richtig wohl fühlt sich das Enduro dann aber wenig verwunderlich, wenn die Tiefenmeter purzeln. Hier gilt: je schneller, steiler, krasser desto besser. Der Hinterbau arbeitet wirklich herausragend, lässt das Heck nur so am Boden kleben und generiert super viel Grip. Dadurch liegt das Specialized Enduro so satt auf dem Trail, dass der Begriff Mini-Downhiller hier mehr als zutreffend ist. Selbst von sehr harten und schnell aufeinander folgenden Schlägen oder beim harten Anbremsen lässt sich der sehr fein ansprechende Öhlins-Dämpfer nicht aus der Ruhe bringen. Dadurch vermittelt das Enduro LTD jede Menge Sicherheit und sorgt dafür, dass man auch sehr anspruchsvolle Sektionen schnell und problemlos meistert.

Natürlich spielt die Ausstattung ebenfalls eine Rolle: Während viele Enduro-Bikes zugunsten eines geringeren Gewichts mit dünnwandigen Karkassen ausgeliefert werden, kommt das LTD mit einer an den Einsatzbereich angepassten Bereifung. Mit den verbauten Grid Gravity-Reifen kann man sich direkt auf steinige Alpentrails wagen und profitiert nicht nur von der erhöhten Plattenresistenz, sondern auch einer guten Dämpfung.
So viel Abfahrts-Performance hat natürlich auch seine Schatten-Seiten: Auf anspruchslosen, flachen Trails, Flowtrails oder bei langsamen Geschwindigkeiten ist das Specialized eher behäbig unterwegs. Hier versackt beim Abziehen, Pushen und Bike durch die Gegend wirbeln einfach etwas mehr Energie im Fahrwerk als bei etwas Allround-tauglicheren Enduros oder gar Trailbikes. Dementsprechend hat man mit dem Enduro LTD auf schnellen, anspruchsvollen und steilen Trails wesentlich mehr Spaß als in entspannteren Gefilden.
Ein großer Kritikpunkt beim letztjährigen Enduro-Vergleichstest war, dass sich das Enduro vor allem in Kurven und technischen, engen Passagen noch länger anfühlt, als es eigentlich ist. Dadurch hatten wir in diesen Situationen Probleme, das Bike zufriedenstellend zu manövrieren. Unsere Tester waren sich damals durch die Bank weg einig: In einer Nummer kleiner, in Größe S3, hätte uns das Enduro vermutlich noch mal deutlich besser gefallen. Diese Vermutung können wir nun voll bestätigen.
Genau wie erwartet, lässt sich das etwas kürzere Bike deutlich besser um Kurven oder durch enger Passagen steuern und ist insgesamt einfach spaßiger und weniger schwerfällig unterwegs. Gerade auf unbekannten Trails hat man dadurch deutlich die Nase vorn, weil man durch schnellere und kraftsparendere Linienwechsel besser auf Unvorhergesehenes reagieren kann. Der Laufruhe tut der etwas kürzere Reach und der niedrige Stack keinen Abbruch. Auch beim S3-Enduro steht man tief im Bike, fühlt sich perfekt eingebunden und profitiert von der ausbalancierten Gewichtsverteilung.

Das ist uns aufgefallen
- Öhlins RXF38 m.2 Die Öhlins-Federgabel lieferte eine ausgezeichnete Leistung ab. Allerdings mussten wir zuerst den Druck in den beiden Luftkammern gegenüber der Öhlins-Empfehlung ein gutes Stück nach oben justieren.
- SWAT-Fach Mit coolen Detaillösungen wie dem SWAT-Fach oder dem ins Steuerrohr integrierten Multitool hat Specialized völlig zu Recht einen echten Trend losgebrochen. Die SWAT-Lösungen sind einfach praktisch. Beim Kofferraum unseres Testbikes arbeitete sich allerdings beim Fahren leider immer wieder der Scharnier-Stift der Klappe heraus und musste am Ende des Tages wieder zurückgeschoben werden. Wir liefen zwar nie in Gefahr, den Stift zu verlieren, etwas unschön ist das Ganze allerdings trotzdem. Laut Specialized sind keine ähnlichen Fälle bekannt und auch wir hatten bei unseren zahlreichen getesteten Specialized Bikes mit Swat-Fächern keine Probleme diesbezüglich.
- Gewicht Mit einem Gewicht von 16,4 kg ohne Pedale macht das Enduro LTD dem ein oder anderen Downhill-Bike Konkurrenz. Eine kleine Abspeck-Kur würde hier unserer Meinung nach nicht schaden.
- Leise Specialized schafft es wie kaum eine andere Bike-Marke, leise Fahrräder herzustellen. Das Enduro war auch in den ruppigsten Sektionen noch nahezu geräuschlos unterwegs. Und ein leises Bike ist bekanntlich ein schnelles Bike.
- Reifenwahl Anders als bei Enduro-Bikes üblich, ist das Specialized Enduro LTD mit dem Einsatzbereich entsprechenden Reifen ausgestattet. Allerdings wäre es unserer Meinung nach sinnvoll, zugunsten des Rollwiderstands am Hinterrad einen Reifen mit der härteren T7- oder T7/T9-Gummimischung aufzuziehen.


Fazit – Specialized Enduro LTD
Das Specialized Enduro LTD ist ein herausragendes Bike seiner Zunft und überzeugt mit einer ausgezeichneten Hinterbau-Performance, coolen Detaillösungen und jeder Menge Laufruhe. In der getesteten Größe S3 lässt sich das Bike zudem auch in engeren Sektionen ausgezeichnet manövrieren. Wenn man mit dem Enduro LTD bei einem Enduro-Rennen an den Start geht, liegt es mit Sicherheit nicht am Bike, wenn man am Ende nicht ganz oben auf dem Podium steht.
Durch das hohe Gesamtgewicht, den schluckfreudigen Hinterbau und die weichen Reifen ist das Enduro LTD bergauf und auf anspruchslosen, flachen Trails allerdings eher behäbig unterwegs. Hier haben andere Bikes die Nase vorn
- herausragende Hinterbau-Performance
- ausgezeichnete Laufruhe
- coole Detaillösungen
- angenehm leise
- bergauf und auf flachen Trails etwas behäbig unterwegs
- hohes Gewicht

Testablauf
Wir haben das Specialized Enduro LTD sowohl auf ausgiebigen Hometrail-Touren als auch auf einem Biketrip in den Alpen getestet. Dabei wurde fleißig getreten, aber selbstverständlich auch ausgiebig auf Shuttle- und Liftunterstützung zurückgegriffen.
Hier haben wir das Specialized Enduro LTD getestet
- Nauders, Reschenpass teils gebaute, teils natürliche Trails mit technischen Sektionen und vielen flowigen Highspeed-Passagen.
- Paganella, Trentino größtenteils ruppige Trails mit hohem Anteil rutschiger Kalksteine, aber auch flowige Passagen
- Latsch / Schlanders, Südtirol abwechslungsreiche lange Abfahrten, teils flowig und gebaut, teils ruppig und steinig
- Taunus, Hessen naturbelassene Trails sowie gebaute DH-Strecken und Flowtrails mit zahlreichen Wurzeln und Steinen von flach bis steil.
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 87 cm |
Oberkörperlänge | 67 cm |
Armlänge | 63 cm |
Gewicht | 74 kg |
- Fahrstil
- sauber, hohes Grundtempo
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
- Vorlieben bei der Geometrie
- geräumiger Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel